ESHQ close-up (2011)
for oboe da caccia solo
First performed by Molly McDolan, oboe da caccia, at e_may 2011, in the context of the project FERNRAUM.
duration: 8 minutes
About the piece
The oboe da caccia is a baroque double reed instrument of the oboe family, its range is similar to that of the english-horn. It is curved and covered with black leather (for airtightness) and has two keys, for the bottom holes. It has a somewhat penetrating sound; for many listeners it evokes the notion of rural landscapes and pastures (J. S. Bach used it for some of his oratories in that context). For me, its sound has a haunting and longing quality.
The handwriting and spelling (transcription) of the old Farsi word eshq has inspired the concept and structure of this contemporary solo piece for this unique baroque instrument.
Eshq (or eshgh, as it is sometimes transcribed) means love; it is an old and poetic word, and often used in a mystic sense, much like the old German word “minne“. The famous Iranian poet Hafez (1325-1389), for example, wrote a lot about it. The letters of the transcription eshgh provided tonal material for the composition.
The piece makes use of “sweeping” as a technique for coloring tones. Sweeping is done mainly with the right hand: the fingers of the right hand sweep along the lower part (holes 4 and down) of the instrument. Sweeping can go in two directions, down or up. Fingers are loosely stretched, bending towards the end of the movement.
The movement should always be done lightly and elegantly. There is an aspect of tenderness in it. Different ways of carrying out the movement have different effects on the coloring of a tone. Sweeps can be executed in very beginning of a tone, in the middle, or at the very end of a tone (the movement end with the sound).
Sweeping is a very special technique only possible with baroque woodwind-instruments with no keys: recorders, oboes etc. Instruments held vertically are better suited because of a more stable balance during the movement.
The result of this technique is a jittering vibrato, to be more precise an oszillating downward bend of the sound. The technique and the gesture were developed and refined especially for this composition.
Über das Stück:
Die Oboe da caccia ist ein barockes Doppelrohrblattinstrument der Oboenfamilie, sein Umfang ist ähnlich dem Englischhorn. Es ist gebogen und mit Leder überzogen (um es luftdicht zu machen); die untersten Grifflöcher werden über Klappen bedient. Sein Klang wird vielfach als eindringlich und intensiv wahrgenommen; oft bewirkt er Vorstellungen von offenen Landschaften, Hirten und weidenden Herden (J. S. Bach hat das Instrument in seinen Oratorien genau in diesem Kontext eingesetzt). Für mich persönlich ruft er Sehnsucht hervor.
Titel und Inspiration für meine Komposition für dieses einmalige historische Instrument liefert das alte persische Wort ESHQ. Es bedeutet “Liebe”, in einem oft poetischen und mystischen Sinn gebraucht, ähnlich wie das alte deutsche Wort “Minne”. Der iranische Dichter Hafez (1325-1389) zum Beispiel hat in seinem Werk “Diwan” viel über dieses Thema geschrieben. Die kalligrafierte Handschrift des Wortes gibt mir die Struktur des Ablaufs vor, und die Buchstaben der Transkription deute ich als Tonnamen, sie liefern das Tonmaterial.
Um den Klang der Töne zu färben setze ich in der Komposition eine spezielle Spieltechnik ein, genannt “sweeping”: ein Streichen der Länge nach über den unteren Teil des Instrumentes. Man führt es mit der rechten Hand aus (die linke stabilisiert das Instrument), in einer sanften Bewegung mit den Fingern über die Grifflöcher hinweg. Die Finger sind locker gestreckt, im Laufe der Bewegung krümmen sie sich etwas mehr.
Die Streichbewegung soll immer elegant durchgeführt werden. Sie ist wie eine zärtliche, nahezu liebkosende Geste. Man kann sie auf verschiedene Arten durchführen: schneller und langsamer, mit mehr oder weniger Fingern, oder man kann von unten nach oben oder hinunter streichen. Man kann auch mitten in der Bewegung einfrieren und die Hand fixieren. Der Beginn und das Ende der Bewegung können verschieden gewählt werden: zugleich mit dem Einsatz des Tones, in der Mitte, oder am Ende. All das wirkt sich unterschiedlich auf die Klangfarbe des gespielten Tones aus.
Die Streichbewegung ist eine spezielle Spieltechnik, die man nur auf historischen Blasinstrumenten anwenden kann: die Instrumente müssen zumindest teilweise ohne Klappen gebaut sein! Es kommen dafür barocke oder ältere Instrumente wie zum Beispiel Blockflöten, Traversflöten oder Oboen in Frage.
Diese Spieltechnik erzeugt ein unregelmäßiges flatterndes Vibrato, genau genommen ein oszillierendes Schattieren der Tonhöhe nach unten. Die Geste und die Klangfarbe wurden für das Thema und die Komposition entwickelt.
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